WILLKOMMEN  IM  NEUEN  BIEDERMEIER


Österreichische Firmen liefern Kriegsmaterial an Diktaturen,
an kriegführende Staaten, natürlich auf Umwegen, und die Arbeiterschaft macht sich nichts daraus, dass damit dort auf
ihre Kollegen geschossen wird.

Die SPÖ und der ÖGB säubern ihre Reihen von unbequemen Mitgliedern, parteischädigendes Verhalten wird als Grund angegeben. Wie weit ist es von Parteischädlingen zu Volksschädlingen?

Der österreichische Unterrichtsminister Moritz hat den Dramatiker Bernhard der Psychiatrie anempfohlen, unbequeme Künstler wurden schon immer gerne in Irrenhäuser gesperrt.

Ein Plakat! bittet uns um eine Spende für den Stephansdom, voriges Jahr wünschte uns das Plakat! einen schönen Urlaub, wann wird uns das Plakat! etwas verordnen?

Die Übergriffe der Polizei werden immer dreister, der einzige Fehler dabei scheint zu sein, dass sie noch immer an die Öffentlichkeit dringen.

Etliche Bürgermeister österreichischer Gemeinden würden sich freuen, das Grundstück zu Konzentrationslagern für AIDS-Kranke zur Verfügung zu stellen, und KZ-Schergen sind wohl auch leicht zu finden.

Der Linzer Vizebürgermeister Hödl befindet, dass diese Juden schon wieder jemanden ans Kreuz nageln - Waldheim als neuer Jesus - Landeshauptmann Ratzenböck sieht darin keinen Grund zu besonderer Aufregung.

Der österreichische Bundespräsident Waldheim stellt klar, dass das Morden von Zivilisten in besetzten Ländern, zu Kriegszeiten zur Pflichterfüllung eines Soldaten gehört.

Kritiker werden vermehrt als Nestbeschmutzer betitelt und gleichzeitig wird ihnen bedeutet, sich doch ins Ausland zu scheren.

Jüdische Friedhöfe werden verwüstet und burgenländische Politiker finden heraus, dass Kleinkinder am unpassenden Ort gespielt haben.

Ausländer-Raus-Parolen werden auf Hauswände geschmiert und überall plakatiert - und bleiben dort über Jahre stehen.

Österreicher haben von den Juden genug - endlich muss einmal Schluss sein! - wenn den Juden hier etwas nicht passt, können sie ja nach Israel auswandern.

Ein Film von Herbert Achternbusch wurde verboten. In Salzburg wurde die Aufführung eines Theaterstückes von George Tabori untersagt, der Generalsekretär der ÖVP, Michael Graff, meint dazu: Tabori soll sein Fäkalienstück in einer Bedürfnisanstalt aufführen, und er hat damit sicher vielen Leuten aus der Seele gesprochen.

Die Überwachungsakten der österreichischen Staatspolizei haben in den letzten Jahren an Umfang und Menge stark zugenommen. Das heißt, dass es wieder eine größere Menge Spitzel geben muss.

Es ist bei linken Intellektuellen in Mode gekommen, über Folterung und Massentötung von Menschen locker zu parlieren und entspannt zu philosophieren.

Es gilt nicht mehr als unfein, sich als Nazi zu deklarieren.


Und überhaupt:
1988 wird es in Österreich vor lauter Patriotismus
nur so stinken.


Textbild
aus der Arbeit:
Willkommen im
neuen Biedermeier
Textteil im Rahmen
aus Ziegellatten
70 x 30 x 5 cm


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